Geologische Bergwanderung zum Zafernhorn | © Rainer Willibald

Geologische Bergwanderung zum Zafernhorn

12.07.2025

Am 12.07.2025 starteten wir mit 10 Personen um 7.00 Uhr in Wangen. 

Wie in den letzten Jahren war Rainer Willibald der Leiter und Hannes Aschauer der geologische Experte. Unter den acht  Teilnehmern befanden sich drei Studierende der Geologie, was der Angelegenheit einen enormen wissenschaftlichen Aspekt verlieh, der durch einen von Hannes vorgefertigten Profilschnitt unseres Exkursionsgebiets noch weiter betont wurde. Das Ziel der kurvig durch den Bregenzer Wald führenden Anfahrt war der Parkplatz am Faschinajoch mit seinem berühmt-berüchtigten Parkscheinautomaten, der die Parkscheine nur nach einer längeren Bezahlprozedur hergibt.

Nachdem der Erwerb der Parkscheine erfolgreich abgeschlossen und man sich gegenseitig begrüßt und vorgestellt hatte wurde den Teilnehmern zunächst anhand einer Wanderkarte der Zafernrundweg und die Gipfelbesteigung des Zafernhorns vorgestellt. Nachdem klar war, dass sich alle den Anforderungen der Wanderung gewachsen sahen, gab Hannes eine kurze Einweisung in die Begriffe Erdkruste und Erdmantel, Kontinentalverschiebung und Gebirgsbildung bei Plattenkollisionen. Danach war allen Teilnehmern bewusst, dass das heute bestehende Gebirge zwischen Silvretta und Bregenz das Ergebnis einer über viele Jahrmillionen andauernden Übereinanderschiebung, Verfaltung und gleichzeitiger Abtragung großer, oft mehr als einige Kilometer dicker Gesteinspakete ist. Und aus diesen Gesteinspaketen - den sogenannten Decken - hatten wir heute vor, die Helvetische Decke, die Flyschdecke und die Überschiebung der kalkalpinen Decken zu erkennen. Hierzu diente der Blick vom Zafernhorn nach Osten auf den Horizont zwischen Kanisfluh im Norden und Zitterklapfen im Süden, den Hannes in das geologische Profil umgesetzt hatte. Auf der Wanderung konnten nur die Schichten der Flyschdeke – namentlich der Hällritzer Formation - aus der Nähe begutachtet werden.

Los ging es auf steiler Alpstraße zur Bartholomäusalpe und von dort auf Pfaden durch die blühenden Alpweiden zu einem Sattel im Nordgrat des Zafernhorns. Hannes konnte uns an einer Felsböschung des Alpwegs nähere Informationen zum Flysch geben. Der Name Flysch kommt daher, dass die Gesteine oft unter einer von üppiger Vegetation bedeckten Verwitterungszone überdeckt sind. Wenn diese Zone in steilen Berghängen durchnässt wird, kommt sie in Rutschen und Fließen. Und vom Fließen hat der Name Flysch seine Herkunft.

Im Aufschluss erkannten wir, dass die ursprünglich in waagrechten Schichten abgelagerten Gesteine schräg in südliche Richtung einfallend verkippt sind. An anderen Stellen hingegen, zum Beispiel im Gipfelbereich des Zafernhorns liegen sie fast waagrecht und noch woanders fallen sie auch nach Norden ein. Das lässt den Schluss zu, dass die Schichten intensiv gefaltet sind.

Und weiter erkennen wir im Aufschluss, dass dicke Schichten aus braunem und körnigem Sandstein, von dünneren Schichten aus schwarzem und blättrigen Tonstein getrennt werden und dass mit hellgrauem Kalkmergelstein eine dritte Gesteinsart hinzukommt. Diese drei Gesteine bilden eine monotone Wechselfolge mit mehreren 100 Metern Mächtigkeit.

Was war also vor rund 100 Millionen Jahren los, als sich diese Schichten in der oberen Kreidezeit bildeten? Damals entstand durch Dehnung der Erdkruste zwischen dem Bereich der helvetischen Decken im Norden und dem Bereich der kalkalpinen Decken ein neues Meeresbecken, das sich rasch zu einem Tiefseetrog mit mehr als 2000 m Tiefe entwickelte. Die Verhältnisse in diesem Trog waren recht unwirtlich. Immer wieder kam es von den Randbereichen des Meeresbeckens zum Abgang großer Schlammlawinen, die sich als Trübestrom mit rasender Geschwindigkeit über den Tiefseeboden verbreiteten. Aus diesen Trübeströmen lagerte sich zunächst der schwerere Sand, dann der Kalkschlamm und dann der Ton ab. Uns so entstanden unzählig wechselnde Schichtfolgen aus Sand Kalkschlamm und Ton, die sich immer wiederholten. Die Lebensbedingungen in dieser Tiefsee waren unwirtlich. Der Laie findet hier keine Versteinerungen, weil es nur wenig Getier in diesem lebensfeindlichen Umfeld gab. Lediglich die Grabgänge von Würmern, die mit Wurmkot verfüllt versteinert sind, kann man gelegentlich finden.  

Der weitere Weg auf der Ostseite des Zafernhorns bis zum Gipfel gab den Blick nach Osten frei. Und dort konnten wir anhand des Profilschnitts nachverfolgen, wie die einzelnen Bereiche der drei großen Deckensysteme Helvetikum, Flysch und Kalkalpen aufeinander folgend angeordnet sind. Wahrlich ein Schaustück der Alpengeologie, das wir neben der reichhaltigen Alpenflora mit Orchideen und Türkenbundlilien in einem Schwarm von Schwalbenschwanzschmetterlingen am Zafernhorn-Gipfel ausgiebig bewundern konnten.  

Nach der mit 640 m überwundenen Höhenunterschied wirklich verdienten Gipfelrast ging es über die Alpwiesen auf der Südseite des Zafernhorns erst mal recht weit hinunter, bis eine Forststraße den fast horizontal verlaufenden Weg nach Faschina ermöglichte. Zum Schluss kamen mit einem Bergpfad über einen steilen Tobel und eine Alpwiese noch mal 60 Höhenmeter hinzu, sodass wir am Parkplatz die Zahl von 700 Höhenmetern nach 5 Stunden Geh- und Sehzeit erreicht haben.

Mit einer Pause bei Kaffee und Strudel in Au kamen wir mit geologisch und naturkundlich vermehrtem Wissen und voll mit Eindrücken von einem schönen Bergtag mit angenehmen Menschen zurück nach Wangen. Das macht Vorfreude auf neue Exkursionen!

Dr. Hannes Aschauer