Trettach-Überschreitung

Trotz des eher bescheidenen Wetterberichts, entschieden wir uns, es auf einen Versuch ankommen zu lassen.

Schön sollte es nicht unbedingt werden aber doch brauchbar für eine Überschreitung der Trettachspitze (2595 m). Wir trafen uns am Samstag am Bahnhof und luden die Fahrräder aufs Auto, das wir in Faistenoy bei Oberstdorf parkten. Mit dem Rad fuhren wir nach Einödsbach, von wo aus es zu Fuß durch das Bacher Loch zum Waltenberger Haus ging. Der Wetterbericht verhieß Regen, wobei wir im Nebel bei leichtem Nieselregen aufstiegen. Da fast kein Wind ging, konnten wir den Aufstieg im T-Shirt bewältigen.

Auf dem Waltenberger Haus angekommen gab es zunächst mal Abendessen. Nach dem Essen erhellte sich plötzlich der Gastraum und die Sonne kam über den Wolken zum Vorschein. Sofort wurde die Terrasse von den Gästen belagert, die die wärmenden Sonnenstrahlen und den Sonnenuntergang genossen. Knapp unterhalb der Hütte taten Steinböcke das gleiche und ließen sich durch uns beim Äsen nicht stören.

Die Steinböcke, die man auch im hinteren Wildental findet, wurden 1964 aus Graubünden ins Kleinwalsertal umgesiedelt (Kleinwalsertal: Wie der Steinbock ins Kleinwalsertal zurückkehrte - Kempten (all-in.de)). Auch in der Schweiz waren die Steinböcke zuvor ausgerottet worden. Einzig in Italien verhängte König Vittorio Emmanuele II. ein Jagdverbot und auf abenteuerlichen Wegen (Wildtierschmuggel - Steinböcke in der Kiste (nationalmuseum.ch)) gelangte der Steinbock wieder in die Schweiz und schließlich auch ins Kleinwalsertal, von wo aus er sich weiter verbreitete.

Das Waltenberger Haus tront an den steilen Nordhängen der Hochfrottspitze und bietet einen herrlichen Blick auf das Gottesackerplateau, das Fellhorn bis fast hinüber zum Grünten. Die Hütte wurde nach Komplett-Neubau 2017 wieder eröffnet und ist modern, hat sich aber den Hüttencharakter erhalten. Die Bewirtung ist sehr gut und uns hat es an nichts gemangelt.

Der nächste Morgen begann mit einer schönen Überraschung. Eine Inversionswetterlage versprach schönes Wetter oben und Wolken im Tal. So ging es dann über den nicht markierten Steig nach Norden unter der Trettachspitze vorbei zur Märchenwiese, auf der uns schließlich die Sonne begrüßte. Am Grat oberhalb der Wiese konnten wir Steinböcke beobachten die ihren Ränge ausfochten. Das aneinanderschlagen der Hörner machte schon beeindruckende Geräusche. Gemütlicher ließ es dagegen ein Steinbock in der Nähe des Einstiegs angehen, der uns bei unseren Vorbereitungen am Einstieg beobachtete. In leichter Kletterei (III+, allerdings mit eher alpiner Absicherung, nur ein Stand ist eingebohrt, der Rest wird an Köpfeln gesichert) ging es zunächst durch den linken Teil der Nordwand auf den Nordostgrat, den wir zum Gipfel folgten. Die Gratkletterei ist nicht unbedingt jedermanns Sache und so kehren schon manchmal Free-Solo-Aspiranten wieder um, wenn sie am Grat den Tiefblick in die Trettachrinne zu sehen bekommen. Am Gipfel angekommen konnten wir den Ausblick genießen, insbesondere auf Mädelegabel, Hochfrottspitze.

Hinunter ging es dann durch Abseilen über den Nordwestgrat. Allerdings muss hier zunächst frei (gesichert von oben!) und exponiert an den ersten Abseilstand geklettert werden, wobei sich die Kletterei im zweiten Schwierigkeitsgrad bewegt. Aber auch hier verlangt die Ausgesetztheit volle Konzentration und ist nicht zu unterschätzen. Auch sollte man es vermeiden in die Nordwand abzuseilen. Die Wegfindung ist nicht unbedingt leicht, wenn man das erste Mal an der Trettachspitze klettert.

Der weitere Abstieg erfolgte dann auf unmarkierten Pfaden über die Märchenwiese, Wildengund- und Spätengundkopf zur hinteren Einödsberg Alpe, wo dankenswerterweise kaltes Radler in der Tränke zum Verkauf angeboten wurde. Weiter gings auf einem schmalen Pfad nach Einödsbach, von wo aus es entspannt durchs Stillachtal per Rad nach Faistenoy ging.