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 Bergwoche im Ötztal  vom  7.-13. August 2011

 

"Ohne Gewähr" – so muss diesmal mein Versuch gelesen werden, all die geplanten / verworfenen / durchgeführten / erweiterten / abgekürzten Touren, die Unternehmungen und Ereignisse zusammenzufassen, die unsere diesjährige Bergwoche im traumhaft schönen Ötztal wieder einmal zu einem Erlebnis werden ließen, das niemand so schnell vergessen wird!

 "Ohne Gewähr" (auf Sonnenschein) war nämlich schon einmal das eher April- als August-Wetter und die damit einhergehenden Unwägbarkeiten: Aber zumindest hat niemand den Regenschirm zuhause vergessen, ohne den die ersten beiden Tage keiner das Haus, den Bus oder das Hotel verlassen konnte! Also war nach der Ankunft im Hotel Edelweiß in Längenfeld ein Spaziergang (z.B. zur Pestkapelle oder zum Geburtshaus von Pfarrer Franz Senn, dem Mitbegründer des DAV), ein Besuch im Heimatmuseum oder Schwimmen im Aqua Dome genau das Richtige. Immerhin eine kleine Gruppe konnte Hubert motivieren, gleich "loszulegen" und auf dem Nederweg das Sulzbachtal aufwärts bis Gries zu marschieren.

Am Montag war an Klettersteig oder "traumhaften Ausblick" vom Adlerhorst-Dorf Farst nicht zu denken: Deshalb wanderten die von Wolfgang Backfisch und Helmut Keller geführten Gruppen unter Kapuze und Regenschirm im Höhenzug westlich von Längenfeld zur Wurzbergalm bzw. zum "Aussichtspunkt" (!) Teufelskanzel.

Für die Gruppen von Hubert Weber und Beate Schaupp-Weber stand in jedem Fall ein Besuch des "Ötzi-Dorfes" im hübschen Umhausen, der ältesten Siedlung der Ötztals, auf dem Plan: eine gelungene Veranschaulichung, wie die Menschen zu Zeiten Ötzis in der Jungsteinzeit lebten - und überlebten, wenn sie nicht grade rücklings von einer Pfeilspitze aus behauenem Feuerstein in die Schulter getroffen wurden. Die kenntnisreiche und charmante Führung von "Josefin" war ein zwar nasses aber doch anregendes Vergnügen.

Aus Beate´s geplanter leichten Wanderung um den Piburger See bei Ötz wurde doch noch eine steilere Unternehmung, nämlich nach dem Museumsbesuch noch der Aufstieg hinauf zum Stuibenfall mit Abstieg über den alten Fahrweg, was für einige in der Gruppe, zumal ohne Stöcke, bei glitschigem Boden nicht ganz einfach war, weshalb sich die Gruppe dann auch trennte. Aber im strömenden Regen auf der schmalen Brücke hoch über den oberen Fällen einen Moment innezuhalten und sich dem Getöse zu überlassen, das musste einfach sein! –

Nachdem bei der abendlichen ersten Abstimmung die von Hubert, Wolfgang und Beate anvisierten Touren für Dienstag auf taube Ohren stießen, aber "alle" mit Helmut auf den Schwarzkogel wollten, wurde neu beraten, und schließlich entschlossen sich ausreichend Viele für die  Wanderungen von Beate auf die Wurzbergalm (oberhalb von Winklen) bzw. von Wolfgang, ausgehend von Gries über die Vordere Sulzbach-Alm zur Amberger Hütte und zurück. Sicher beides gute Entscheidungen, nicht zu hoch hinauf und nicht zu lange unterwegs, denn die Regenwahrscheinlichkeit war zwar geringer, aber es war immer noch kühl.

Den Schwarzkogel, der seinen Namen zu Recht trägt und eigentlich nur dadurch attraktiv ist, dass er sich über die 3000er Grenze erhebt (wenn auch nur 16 Meterchen), erstiegen dann die beiden Gruppen mit Hubert und Helmut einmal von Hochsölden aus über die Rotkogeljoch-Hütte am Schwarzsee vorbei, einmal in umgekehrter Richtung über den Panoramaweg vom Parkplatz Rettenbachgletscher aus. Als wäre man verabredet, traf man sich, gut eingemümmelt in Mütze und Handschuhe, glücklich strahlend,  auf dem Gipfel, wo allerdings keiner besondere Lust verspürte, besonders lange zu rasten! Der unerwartet gute Ausblick auf den Rettenbach- und Tiefenbach-Ferner konnte ein bisschen entschädigen für den sonst doch trostlosen Blick auf die zahllosen Liftanlagen und gnadenlosen  Wintersportschäden und –verschandelungen in diesem ursprünglich – vor noch nicht wirklich langer Zeit – so wunderschönen Berggebiet. Unserer guten Laune in der Gruppe hat das allerdings keinen Abbruch getan!

Doch der Nachmittag und Abend sollte für alle noch eine mahnende Warnung und für Einige bange Stunden bringen: es gibt keine Gewähr, heil zurück zu kommen! Unterhalb von Köfels (zwischen Umhausen und Längenfeld) war nachmittags auf die Talstraße eine riesige Mure niedergegangen, gottlob ohne ein Fahrzeug zu treffen. Lisa, Reinhild und Maria, die sich von Beate´s Gruppe getrennt hatten, weil sie nach der regulären Wanderung zurück zum Hotel wollten, erfuhren im Bus nach 1 Stunde Warten die Ursache. "Alles aussteigen! Nichts geht mehr! Zu Fuß Aufstieg über den Forst- und Wanderweg nach Köfels, über Wurzbergalm und Winkelboden Abstieg nach Winkeln und Richtung Längenfeld" so hieß dann die lapidare Anweisung des Busfahrers! Dass ihnen diese stundenlange und nicht ungefährliche Anstrengung zu einem Teil erspart wurde, hatten die Drei nur hilfsbereiten mitbetroffenen Einheimischen zu verdanken, die irgendwann verbotener Weise die Forstwege befuhren…

Aber erst nach 20 Uhr, nach der Rückkehr von Beate´s Gruppe, die noch oberhalb von Ötz einen "Schlenker" angehängt hatte, konnten alle aufatmen. Auch wenn einige Beteiligten sich vielleicht wie nach einem bestandenen Abenteuer gefühlt haben: Ein Handy mitzunehmen wäre schon gut gewesen und vielleicht auch mit einem fremden Handy die im Hotel Wartenden zu informieren, wäre schon auch gut gewesen! Nicht jeder konnte jedenfalls wie Hubert völlig ungerührt bleiben.

Aber ("so isch es denn au wieder"): es wurde lange gesungen am Abend!  Und Lisa spielte Gitarre. Und Viele sangen mit oder saßen dabei. Und weil´s so schön war, wurde auch gleich noch beschlossen, am nächsten Tag auf der Stabelealm weiter zu machen!

Denn dort trafen sich am Mittwoch Nachmittag alle außer Helmut und seinen Unverwüstlichen, die sich die Überquerung des Ramoljochs von Obergurgel aus über das Ramolhaus nach Vent vorgenommen hatten – eine lange, steile und anstrengende Tour, allerdings mit der Aussicht auf feinstes Essen bei "Angie" auf der berühmten Hütte (auch wenn es dann doch kein 3-Gänge-Menü wurde…) und der weitesten Rundsicht. Und das Wetter spielte mit, es war über Nacht wieder Sommer geworden!

Wolfgangs Gruppe war von Längenfeld auf einem wunderschönen, allerdings etwas nassen Weg durch den Giggelberg-Wald und das Hauertal am Fluss entlang aufgestiegen, immer mit Blick auf Luibis-, Felder- und Hauerkogel; Hubert hatte seine Gruppe von der Würzbergalm auf einem traumhaft schönen Höhenweg zur Innerbergalm und auf den Aussichtspunkt Wöckelwarte geführt und war von dort aus weiter bis zum Hauersee, einem idyllischen hellgrünen kleinen See, der zum Verweilen einlud, aufgestiegen; Beate hatte eine Drei-Seen-Tour einschließlich Felderkogel (bis kurz vor dem Gipfel, wo Schnee und fehlende Markierungen zum Umdrehen zwangen) von der Leckalm aus gestartet und war ebenfalls zur Stabelealm abgestiegen. Weils dort so sonnig, beim Singen und mit dem freundlichen Wirt so gemütlich war, wurde das Hüttentaxi zurück nach Längenfeld zu aller Freude auf später bestellt.

Am Donnerstag, dem zweiten richtigen Sonnentag, trennten sich die Wege wieder, aber alle wollten hoch hinaus! Und endlich war auch für Hubert die Gletschertour zum Rotmooskogel möglich, auch wenn (außer natürlich Sophia, unser aller Freude und Stolz, und Mario) nicht sofort alle "Hier" gerufen haben, die mitgehen sollten.- Wolfgang konnte zum Grieskogel hochsteigen; der Rückweg führte über den interessanten Hochgebirgs-Ökologie-Lehrpfad zur Rettenbachalm. Doch bei der späteren kurzfristig angebotenen Klettersteig-Tour der Immer-noch-nicht-Müden  spielten ein nicht tauglicher Helm, ein großmütiger Verzicht und ein unbemerkt verloren Gegangener eine nachdenkenswerte Rolle,  die im nachhinein jedoch mit viel "Humor" weggelacht wurden.- Beate hatte sich für die Kombination Tiefenbachjoch mit Naturplattform Schwarze Schneide als grandiosem Aussichtspunkt und  Höhenweg "Sonnberg" vom Restaurant Tiefenbach nach Vent entschieden mit der späteren Option über Stablein durch das Rofental abzusteigen nach Rofen und Vent.- Helmut und seine Truppe war ebenfalls in dieser Region unterwegs, allerdings noch weiter Richtung Talschluß: Aufstieg von Stablein zur Breslauer Hütte, dann unter dem Mitterkar und Platteikar immer Richtung Vernagthütte. Aber der Vernagtbach mit seinem breiten aufgeteilten Bachbett und seinen selten farbig gezeichneten Riesensteinen war so verführerisch  (im Unterschied zu der einsam auf einem steilen, kahlen Bergkegel liegenden Vernagthütte), dass nach kurzer Besprechung nur unsere heißgeliebten hartgesottenen Mädels und Jungs stellvertretend für die ganze Gruppe das Häkchen hinter die Vernagthütte machten, während der Rest sich in der eingeschobenen Schulstunde "Genuss" am Fluss verlustieren konnte! Bald schon holten uns die schnellen Tapferen wieder ein. Der Abstieg bis zu den Rofenhöfen und nach Vent führte durch ein blumenreiches, weites, beglückend schönes Tal (wäre man mutterseelenallein gewesen und könnte jodeln: man hätte es wahrscheinlich getan).

Und so traumhaft schön ging es am Freitag weiter: Mario brachte uns diesmal alle zu unserem Ausgangspunkt: Nach dem Hüttentransfer von Sölden zur Fieglhütte im Windachtal führte Hubert seine Gruppe in relativ steilem Aufstieg über die Schönalm bis zum Brunnenkogelhaus, wo ausgiebig eingekehrt wurde vor dem Abstieg über die Brunnenbergalm nach Sölden.- Die Gruppen von Beate und Helmut waren beide im Rotmoostal  im "Ruhegebiet Ötztaler Alpen" unterwegs – Beate stieg in Obergurgel durch den Zirbelwald auf bis zur Schönwieshütte, dann entlang der Rotmoosache aufwärts bis unterhalb des Gletschers und erst von dort zurück zur Bergstation Hohe Mut. Helmut wanderte genau in umgekehrter Richtung, allerdings nicht ganz so weit Richtung Gletscher. Niemand hatte damit gerechnet oder gar danach gesucht (Granatkogel und –wand sind weit entfernt), aber die Steineliebhaber in beiden Gruppen fanden sie im Oberlauf der Rotmoosache: mehr oder weniger aufsitzende Granaten, z.T. mit schwarzem Turmalin im selben Gestein. Helmut konnte nicht widerstehen, einen besonders schönen Riesenbrocken mit großer Gelassenheit in seine Leinentasche zu packen und bis ins Tal zu tragen. Man hätte Stunden dort in wachsendem Fieber verbringen mögen und mindestens einen Lastesel zur Verfügung haben wollen, so verschiedenartige und dekorative Steine gab es zu finden!- Wolfgang führte seine Gruppe von Obergurgel aus über den archäologischen Rundwanderweg, anfangs stramm bergauf, mehrmals den Lobbach querend, dann als Höhenweg bis zur Küppelealm und wieder steiler bergab Richtung Sölden. Abends absolvierte er noch mit einer Minigruppe einen Klettersteig.-

Der letzte Abend war wie immer dem Dank an die Tourenführer und dem Rückblick gewidmet.

Kees den Boer, der mit seiner Frau Thekla seit 1988 Jahr für Jahr nach Wangen kommt, um bei der Bergwoche dabei zu sein, hat wieder einmal souverän  Worte und Wendungen gefunden, die uns eher rauen Allgäuern ans Herz gehen und uns zutiefst dankbar sein lassen, wenn der große Mann aus Amsterdam seine Beobachtungen und Gedanken in schwäbische Zitate fasst ("S isch nemme dees") und doch in nur wenigen Minuten den Nerv trifft, immer vorsichtig beschreibend, nie wertend, manchmal etwas wehmütig, immer nachdenklich seinen Dank ausspricht und gleichzeitig unausgesprochen die Hoffnung verdeutlicht, dieser Verein, in dem er und Thekla gerne Mitglieder sind, möge das ihm Besondere doch auch bewahren: gemeinsam -  ohne Ansehen von Beruf, Herkunft oder anderen Äußerlichkeiten – in gegenseitigem Respekt und vorurteilslos, tolerant, aufeinander bezogen und aneinander interessiert in den Bergen die Natur zu genießen und zu ihrem Erhalt beizutragen. Man konnte auch eine Warnung heraushören: nicht dem allgemeinen Trend nachzugeben mit: immer mehr, immer spektakulärer, immer vereinzelter.

Franz Schmid hat wieder sehr persönlich formuliert, wie schön es für alle war, diese Tage miteinander zu verbringen und sowohl den Tourenführern gedankt für ihre intensive Vorbereitung und flexiblen Angebote, als auch Mario für seine angenehme Art, diese Reisen so zuverlässig zu organisieren (und dass er immer Sophia mitbringt!) und Hubert Beck für seine Dokumentations-Arbeit (nicht nur zuhause, sondern auch mit seinem vollen Körpereinsatz beim Fotografieren). Über die von Böschele liebevoll vorbereiteten Gutscheine haben sich alle Beschenkten sichtlich gefreut.

Hubert war bei seinem Rückblick die Erleichterung anzumerken, dass wieder einmal alles so gut geklappt hat, dass niemand zu Schaden gekommen ist und dass es doch immer wieder gelungen ist, die Flöhe unter vier Hüte zu kriegen! Mit der Aufforderung, Fragen zu stellen, klang auch bei ihm eine Wahrnehmung von Veränderung an, die sich vielleicht bedauerlicherweise einerseits vollzieht, die andererseits vielleicht aktiv angegangen werden muss. Übrigens Eines hat Hubert tatsächlich vergessen: Seine "Schäfchen" für ihre Disziplin, ihr bergsteigerisch tadelloses Verhalten, ihre leise aber wache Mitverantwortung, ihre Aufmerksamkeit und Anteilnahme füreinander und ihre Anpassungsbereitschaft zu loben!  – Jedenfalls waren auch an diesem Abend alle in bester Stimmung und manches Glas musste mehrmals nachgefüllt werden.

Den Samstag verbrachten einige mit Beate im Aqua Dome, andere mit  Helmut auf dem Schiestel-Klettersteig, aber die meisten mit Hubert,  Wolfgang oder in Eigenregie in der Almenregion Hochötz, entweder auf dem Besinnungsweg oder den anderen Wanderwegen zwischen Balbachalm, Rosskopf, Acherbergalm und Bielefelder Hütte, wo sich zuletzt alle einfanden. Unter einem bunten Heer von unvermittelt aufgestiegenen Paraglidern war an dieser typisch soliden DAV-Hütte noch viel Zeit, zum letzten Mal mit wachen Sinnen den Blick schweifen und ruhen zu lassen, den besten Apfelstrudel des ganzes Ötztals zu genießen und sonnenbeschienen Abschied zu nehmen.

Mario hat uns - mit Kaffeepause für die mitgebrachten Kuchen von Anni, Gitti und Böschele, die auch wie immer ruck-zuck weg waren - sicher und schnell nachhause gebracht.

Dass die DAV-Bergwoche etwas ganz Besonderes ist, merkt man nicht zuletzt daran, wie sich alle verabschieden: da schnappt keiner ungeduldig seinen Koffer und rennt davon: nein, da wird sich gedrückt und umarmt, nochmals bedankt, neu verabredet, wieder ein bisschen geschwätzt, die abholenden Ehemänner und –frauen begrüßt und versichert: bis bald, spätestens bis nächstes Jahr! Ja, so isch es au wieder…

Ingrid Sobez